
Zürcher Heilstätte
Adresse
7272 Davos Clavadel
GR
Rudolf Gaberel schuf mit der Zürcher Heilstätte in Clavadel ein Spital, das in den 1930er-Jahren als wegweisend für Davos und Europa galt. Es vereint eine durchdachte Architektur, eine optimale räumliche Ausrichtung und speziell entwickelte Möbel, die den Bedürfnissen des Personals und der Patientinnen und Patienten gerecht werden. Die Anordnung der Zimmer, die hellen Räume und die Ausstattung sollten den Genesungsprozess unterstützen. Obwohl das Hauptgebäude durch spätere An- und Nebenbauten in den Hintergrund der Anlage gerückt ist, besticht es bis heute durch seine funktional wirkende Erscheinung mit den für solche Sanatorien charakteristischen Balkonanlagen.
Chronologie
Das Kurhaus in Clavadel wurde bereits 1890 eröffnet und 1918 von der Stiftung Zürcherische Heilstätte für Lungenkranke übernommen, um Tuberkulosekranke zu behandeln. Damals bestand die Einrichtung aus einem Sanatorium, einem Kinderhaus und einem Arzthaus. 1930 gewann Rudolf Gaberel den Wettbewerb für den Neubau einer separaten chirurgischen Klinik. Die Realisierung erfolgte zwischen 1931 und 1932. Im Laufe der Jahre wurde die Klinik durch mehrere Anbauten und Nebengebäude ergänzt, darunter das leicht geschwungene Bettenhaus und ein markanter Empfangstrakt, die zwischen 1956 und 1958 errichtet wurden. Trotz mehrerer Sanierungen, darunter umfassende Arbeiten zwischen 2018 und 2019, ist die Gebäudehülle von Gaberels Spitalbau weitgehend unverändert.
Lage
Die Zürcher Heilstätte, heute die Klinik Davos der Zürcher RehaZentren, liegt auf 1700 m ü. M. in Clavadel, einem Ortsteil von Davos, und bietet durch ihre Hanglage einen freien Blick auf die umliegende Bergwelt. Die Heilstätte ist etwa 10 Autominuten von Davos entfernt und über die von der Landstrasse abzweigende Klinikstrasse erreichbar. Das Areal ist mit Ausnahme der Südseite von Wald umgeben, was ihm eine ruhige und abgeschiedene Atmosphäre verleiht. Gaberels Spitalbau, dessen Hauptfassade sich nach Südwesten wendet, ist mit dem geschwungenen Bettentrakt und dem talseitigen Empfangstrakt verbunden. Der Haupteingang der Anlage befindet sich im Empfangsgebäude oberhalb des Parkplatzes.
Beschreibung
Die Zürcher Heilstätte ist heute ein T-förmiger Baukörper, der westlich durch das geschwungene Bettenhaus und das Empfangsgebäude erweitert wurde. Gaberels Klinik befindet sich leicht zurückversetzt und ist von später hinzugefügten Anbauten und Nebengebäuden umgeben. Die südwestliche Hanglage bietet einen weiten Ausblick über das Tal und garantiert durch die 43-Grad-Ausrichtung der Patientenzimmer von Süden nach Westen optimale Sonneneinstrahlung. Die Zimmer mit ihren Balkonen liegen zudem im Windschatten des Gebäudes, wodurch ein angenehmes Klima gewährleistet wird. Die hellgelbe Fassade hebt den Baukörper von den angrenzenden Gebäuden ab, während das Weiss der Fensterrahmen und Balkongeländer einen dezenten Kontrast bildet. Die talwärts liegenden Balkone erstrecken sich über die gesamte Gebäudelänge und drei Stockwerke, wobei sie durch Mattglaswände voneinander getrennt sind. Gaberel setzte auf eine offene Gestaltung der Brüstungen mit horizontal angeordneten Stangen, um maximalen Lichteinfall auf die Liegeterrassen zu ermöglichen. Die Geländer sind im unteren Bereich leicht gewölbt, was sowohl das Hinüberklettern verhindert als auch eine komfortable Nutzung ermöglicht, da Personen bis an die Brüstung herantreten können, ohne mit den Füssen anzustossen. Die thermisch ventilierten Liegehallen an den Schmalseiten sind durch grosse Fensterfronten windgeschützt und im Innern dank ihrer Verglasung besonders hell. Der orthogonal zum Haupttrakt angeordnete rückwärtige Flügel, der Büros und Personalräume beherbergt, fügt sich in das Gesamtensemble ein. Konstruktiv kombiniert das Gebäude traditionelle und moderne Materialien. Das Fundament und der Unterbau wurden aus Bruchsteinmauerwerk, ergänzt durch Beton und Stahlbeton, errichtet. Die Mauern der oberen Geschosse bestehen aus Tonkammersteinen und Beton. Für die stützenfreien Liegeterrassen wurde Eisenbeton verwendet. Das typische unterlüftete Davoser Flachdach, eine Holzkonstruktion auf der Decke des obersten Geschosses, verhindert nicht nur das Abrutschen von Schnee, sondern verweist auch auf die modernen gestalterischen Ideale der Bauzeit.
Die Klinik wurde für 60 Patientenbetten sowie 30 zusätzliche Betten für das Personal oder externe Gäste geplant. Da Patientinnen und Patienten hauptsächlich für Liegekuren in die Klinik kamen und die meiste Zeit in ihren Zimmern oder auf den dazugehörigen Balkonen verbrachten, wurde bei der Planung auf Speisesäle und Aufenthaltsräume verzichtet. Um kurze Wege für das Personal zu gewährleisten, wurde der Behandlungsflügel rechtwinklig zum Patientenflügel angeordnet, sodass nie mehr als eine halbe Gebäudelänge zurückgelegt werden musste. Die Personalzimmer und die Küche befinden sich im Erdgeschoss, während das Hochparterre, von aussen direkt erschlossen, Tagesräume und Garderoben beherbergt. Der Operationsraum ist im nördlichsten, ruhigsten Teil des Behandlungsflügels platziert. Die fast quadratischen Krankenzimmer in den oberen Geschossen sind ausschliesslich nach Süden ausgerichtet. Ihre geringe Raumtiefe verhindert dunkle Zonen im Innern. Die Einrichtung der Zimmer wurde in Zusammenarbeit mit dem Chefarzt entwickelt und in den Embru-Werken aus Metall gefertigt. Bestehend aus Bett, Betttisch und Nachttisch, war die Zimmereinrichtung konzipiert, um einerseits den Pflegekräften und Ärzten die Arbeit zu erleichtern, und andererseits den Patientinnen und Patienten durch einfache Bedienung möglichst viel Selbstständigkeit zu erhalten.
Literatur
- Davoser Bauten von Arch. Rudolf Gaberel, in: Schweizerische Bauzeitung 99/100 (1932), Heft 8, S. 105–110 (online)
- Poeschel, Erwin. Die chirurgische Klinik der Zürcher Heilstätte in Clavadel. Davos. Architekt Rudolf Gaberel, in: Das Werk 23 (1936), Heft 1, S. 9–18 (online)
- Kübler, Christof. Der Sonnenstadt entgegen. Baugeschichte und Imagepflege von Davos, in: Werk, Bauen + Wohnen 80 (1993), Heft 1, S. 14 und 18 (online)
- Stiftung Zürcher RehaZentren. 100 Jahre Zürcher RehaZentrum Davos. 125 Jahre Stiftung Zürcher RehaZentren. Von der Liegekur zur modernen Rehabilitation, Wald 2018