
Kreisschulhaus Churwalden
Adresse
7075 Churwalden
GR
Das Kreisschulhaus Churwalden, Peter Zumthors erstes grösseres Projekt nach der Gründung seines Ateliers im Jahr 1979, zeichnet sich durch konstruktive Logik, geometrische Strenge und gestalterische Klarheit aus. Der Einfluss der «Tessiner Tendenza» ist in der rationalen Architektur und der präzisen Gestaltung des Ensembles spürbar. Gleichzeitig zeigt die Eingliederung in den Bestand und die städtebauliche Qualität der Anlage, wie Zumthor gängige Typologien innovativ modifiziert. Die zweigeschossigen Klassenzimmer verbinden Funktionalität mit pädagogischem Nutzen und stehen im Einklang mit der konstruktiven Logik des Gesamtentwurfs.
Chronologie
Das Schulhaus wurde nach dem Gewinn eines Architekturwettbewerbs zwischen 1980 und 1983 von Peter Zumthor realisiert. Es handelt sich um eine Erweiterung des alten Schulhauses, das Alfred Theus 1958 bis 1959 für den Kreisschulverbund Churwalden, Malix und Parpan erbaut hatte. Bis auf kleinere Änderungen, wie den Austausch der Fenstersimse, ist Zumthors Bau weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben.
Lage
Das Schulhaus Witiwäg liegt am nordwestlichen Ortsrand von Churwalden an einem Hang. Die ursprüngliche Anlage besteht aus zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Gebäuden, von denen eines parallel und das andere quer zum Hang verläuft. Sie beherbergen den Kindergarten und die Primarschule der Gemeinde. Die drei von Peter Zumthor hinzugefügten Bauten sind oberhalb der bestehenden Gebäude entlang des Hangverlaufs platziert. Sie sind in der Höhe jeweils um ein Geschoss versetzt und verfügen über eigene Pausenplätze vor jedem Gebäude. Im obersten Bau ist die Turnhalle untergebracht, dahinter befindet sich zudem ein Sportplatz mit einer Sprintbahn.
Beschreibung
Die von Peter Zumthor entworfenen, pavillonartigen Baukörper folgen dem Hangverlauf und sind auf ansteigenden Ebenen gestaffelt angeordnet. Ihnen sind zwei unterschiedliche Funktionen zugeordnet. Die beiden unteren, identisch gestalteten Häuser beherbergen Klassenzimmer der Oberstufe und verfügen jeweils über ein Erd- und ein Obergeschoss. Das oberste Gebäude ist breiter als die anderen beiden und enthält die Turnhalle. Sie besitzt ein Erdgeschoss mit grösserer Raumhöhe und ein Untergeschoss, das den Zugang zur Halle ermöglicht.
Die Fassaden der Baukörper bestehen aus rötlichen Betonblöcken, die durch hellere Betonelemente für die Stürze und Dachränder ergänzt werden. Die Eingangsfassaden an den Schmalseiten im Nordwesten sind jeweils zurückversetzt, sodass ein gedeckter Durchgang entsteht. Die zweigeschossigen Vorbauten werden durch gleichmässig verteilte, massive Stützen gerahmt – fünf bei den Klassenzimmergebäuden und sechs bei der Turnhalle. Zwischen den Stützen befinden sich geknickte Betonstürze und darüber gemauerte flache Bögen. Die Dächer der unteren Gebäude sind als flache Satteldächer mit derselben Neigung wie bei den Altbauten gestaltet, wodurch ein einheitliches Erscheinungsbild entsteht. Die Turnhalle verfügt hingegen über eine Dachaufstockung mit durchgehenden Fenstern im hinteren Bereich, um ausreichend Tageslicht in den Innenraum zu bringen. Ihre markante Silhouette und der Querschnitt, der an eine Basilika erinnert, macht diesen Baukörper besonders präsent. Die Staffelung der Gebäude und Terrassen folgt der natürlichen Struktur des Schuttkegels des Wititobels sowie dem kaskadenartigen Verlauf des nahen Bachs. Zwischen Alt- und Neubau entsteht ein geschützter Innenhof, der als öffentlicher Raum dient. Diese Anordnung fördert die Interaktion zwischen den verschiedenen Schulstufen und belebt die Gemeinschaftsflächen.
Die beiden unteren Gebäude sind zweigeschossig und werden durch einen zentralen Hauptkorridor erschlossen. Vom Korridor aus führen verglaste Fronten in die Klassenzimmer, die sich jeweils über zwei Ebenen erstrecken. Das untere Geschoss der Räume wird als Atelier genutzt und bietet Platz für Fächer wie Musik oder Zeichnen. Über eine Treppe, die mit Holz belegt ist, gelangt man ins obere Geschoss. Dort befindet sich das galerieartige Hauptklassenzimmer, das sich nach Südwesten zu einem Aussenhof mit Garten öffnet. Der Hauptraum bietet zudem eine Galerie mit Blick ins untere Geschoss. In den Innenräumen unterstreichen Wände aus Zementsteinen und die Sichtbetonstützen die rohe Materialität der Bauweise, während die Zwischendecke ebenfalls aus Beton gefertigt ist. Ein Vollholzboden bringt eine warme Note in die Räume und steht im Kontrast zu den konsequent türkis lackierten Metallteilen, wie Treppengeländer, Verstrebungen in der Holzdachkonstruktion und weiteren Elementen, die sich auch in der Turnhalle finden. Die längsverlaufende Turnhalle im obersten Bau reicht im Innern bis ins Dach hinauf und unterstreicht mit gestalterischen Mitteln die Tragstruktur des Baus.
Literatur
- Birkner, Othmar. Neues mit Altem versöhnt, in: Heimatschutz 81 (1986), Heft 3, S. 24–25 (online)
- Petersen, Palle. Zumthor vor Zumthor, in: Hochparterre 26 (2013), Heft 11, S. 26–30 (online)
- Seifert, Ludmila. 28 – Kreisschule Witiwäg. Churwalden, in: Bündner Heimatschutz (Hg.). 52 beste Bauten. Baukultur Graubünden 1950–2000 (online)