
Ernst Gisels Schulhaus Hammen besticht durch seine Einbettung in die bautechnisch anspruchsvolle Hanglage. Die Materialität der Gebäudehülle aus Sichtmauerwerk, Beton und Metall ist konsequent aufeinander abgestimmt. Der sich selbstbewusst ausbreitende Bau wirkt zweckmässig, solide und wird von einem bemerkenswerten Sinn für die räumlichen Dimensionen geprägt.
Chronologie
Aufgrund der wachsenden Industrie im Raum Schaffhausen, Herbling und Thayngen stieg die Bevölkerungszahl dort in der Mitte des 20. Jahrhunderts stark. Nach Fertigstellung des Reckenschulhaus im Jahre 1951, beschloss die Gemeinde bereits 12 Jahre später den bestehenden Bau um das nördlich anschliessende Schulhaus Hammen zu erweitern. Es wurde im Zuge eines kantonalen Wettbewerbs 1963 von Ernst Gisel entwickelt. Nach dem Baustart im folgenden Jahr, konnte das Vorhaben im Herbst 1967 abgeschlossen werden.
Situation
Das Schulhaus Hammen liegt auf einem ehemaligen Rebberg am ansteigenden Nordrand von Thayngen. Richtung Süden schliessen sich das Reckenschulhaus, der Ortskern mit reformierter Kirche und Kirchplatz sowie das Bahnhofsareal an. Die Schule liegt am Hang zwischen dem Hammenweg oben und der Reckenstrasse unten, die parallel zueinander in Ostwest-Richtung verlaufen. Von der Reckenstrasse erfolgt die Haupterschliessung. Die Baukörper erstrecken sich entlang der Strasse über die ganze Parzelle. Der Pausenhof liegt von der Strasse abgewandt zwischen der Sporthalle im Südosten und dem Klassentrakt im Westen.
Description
Die Schulanlage ist in zwei Baukörper geteilt, wobei die gemeinsame Bauweise und Materialwahl diese Teilung von aussen kaum wahrnehmbar macht. Sie ist im westlichen Bereich der Parzelle als viergeschossiger Klassentrakt terrassenartig gestaffelt. Der Zugang zu den Geschossen erfolgt über ein seitlich angeordnetes Treppenhaus, von dem man auch auf den Pausenhof im Zentrum des Areals gelangt. Als zweiter Baukörper folgt der zweigeschossige Trakt im Osten, wo Spezialräume untergebracht sind und eine Sporthalle den Baukomplex zur Seite hin abschliesst. Eine zum Pausenhof offene Überdachung in Leichtbaukonstruktion aus Glas und Metall verbindet die beiden Körper. Die konsequente Anwendung von Backstein und Sichtbetonflächen an den Fassaden gibt dem ganzen Komplex einen einheitlichen Charakter. Natursteinplatten und die Pflastersteine des Pausenhofs verstärken den Zusammenhalt. Die bekiesten Flachdächer, welche die geradlinige Gebäudegeometrie teilweise durch Schrägen durchbrechen, sind durch versetzte Dachränder aus Metall mit der Gebäudehülle verbunden. Die dunklen Metallfenster harmonieren mit den Dachelementen und sind ebenfalls charakteristisch für Gisels Architektur. Bei der Sporthalle wurden diese in die Metallkrone aus Kupferblech eingebunden und sorgen somit für optimale Lichtverhältnisse im Innern. An der Westfassade des Klassentrakts zieht sich das dunkle Kupferblech wie eine Haut vom Dachrand über die Fassade hinunter. Gestalterisch ähnlich wirkt Gisels Parktheater in Grenchen (1953–55) , das seinerseits von Alvar Aaltos Rathaus in Säynätsalo inspiriert wurde.
Die Unterrichtsräume sind auf allen vier Geschossen des Klassentrakts sowie auf beiden Geschossen im Allgemeintrakt südlich angeordnet. Aufgrund der Hanglage entschied sich Gisel für eine Belichtung durch grossflächige Fensterflächen im Süden. Breite Flure erschliessen die Räume und schaffen mit den Gemeinschaftsräumen hangseitig eine innere Begegnungszone. Die sichtbar belassenen Materialien Backstein und Beton finden sich auch im Innenbereich und werden durch hellen Klinker als Bodenmaterial ergänzt.
Bibliographie
Oberstufenschulhaus in Thayngen. Entwurf und Ausführungspläne Ernst Gisel BSA/SIA, Zürich, in: Das Werk : Architektur und Kunst 55 (1968), Heft 7, S. 462–465 (online)