
Kunsthaus Glarus
Adresse
8750 Glarus
GL
Mit dem Kunsthaus Glarus schuf Hans Leuzinger einen schlichten, aber prägnanten und präzise gesetzten Bau, der durch eine stringente Materialisierung und reduzierte Formen besticht. Offene und geschlossene Elemente treten in einen kontrastreichen Dialog und die kristallin anmutenden Glasdächer korrespondieren durch ihre steile Neigung mit den nahen Alpen – Bruno Tauts Vision der Stadtkrone kommt hier im ländlichen Kontext eine neue Bedeutung zu.
Chronologie
Das Kunsthaus Glarus entstand auf private Initiative des lokalen Kunstvereins, der 1890 eine erste Geldsumme dazu in einen Fonds einlegte. Das Bauprojekt erhielt 1944 dank des Legats des Glarner Maler Gustav Schneeli einen neuen Impuls: Gefordert war nun ein Museum für das künstlerische Lebenswerk des Verstorbenen in Verbindung mit einem Bau für den Kunstverein. Hans Leuzinger, der 1942 mit ersten Studien begonnen hatte, revidierte daraufhin seine Planungen und entwarf einen zweigeteilten und dennoch in sich geschlossenen Komplex. Conen Sigl Architekten sanierten die Anlage von 2017 bis 2019 und intervenierten minim und respektvoll in den Bestand, der grösstenteils noch in bauzeitlichem Zustand ist.
Lage
Das zentral situierte Kunsthaus Glarus befindet sich im Volksgarten. Im Süden sind Alterswohnungen, im Norden eine Parkanlage angelegt. Das langgezogene Areal wird vom Kirchweg, der Haupt- und der Schweizerhofstrasse gefasst. Erschlossen wird das von einem grossen Baumbestand umgebene Museum südseitig durch einen Parkweg, der in einem Vorplatz mündet. Unmittelbar im Osten liegt der Bahnhof, ebenso fliesst dort die Linth vorbei.
Beschreibung
Das Kunsthaus Glarus gliedert sich in zwei kompakte, rechteckige Kuben aus gelbbraunem Sichtbacksteinmauerwerk und Eisenbeton. Einzig die Ostfassade ist mit einem aussenbündig gesetzten Fensterband durchbrochen. Der massive, geschlossene Charakter der Baukörper kontrastiert mit den kristallin wirkenden Satteldächern aus mattiertem Drahtglas. Der Innenraum kann durch regulierbare Klappen in den Dach- und Stirnflächen belüftet werden. Die beiden Volumina sind orthogonal zueinander angeordnet. Als Bindeglied fungiert das Foyer, das raumhoch verglast ist und einen Dialog mit dem durchgrünten Aussenbereich erlaubt. Es liegt im Südosten der Anlage und ist über eine Treppe oder Rampe erreichbar, die zunächst in einen gefassten Vorhof mit Wasserbecken führt. Die eingeschossige, südostseitige Hofmauer ist teils perforiert, ebenso das langrechteckige, auf filigranen Pfeilern lastende Betonvordach, in das mehrere Kreise eingeschnitten sind. Der Windfang tritt als leicht trapezförmiger Körper aus der Flucht hervor und ist etwas niedriger ausgebildet als die ihn umgebende, raumhohe Glasfront.
Die schlicht möblierte Eingangshalle mit Garderobe und Informationstheke weist einen mit quadratischen Kunststeinplatten bedeckten Fussboden auf. Die beigen und braunen Kacheln generieren ein nahezu kariertes Muster. Die Materialisierung des Museums ist einfach und direkt: Die Sockelleisten und Türzargen aus Holz oder Kunststein schaffen ein warmes Ambiente. Im Westen liegt der Oberlichtsaal des Schneeli-Pavillons, im Norden der einstige Seitenlichtsaal des Kunstvereins. Das Unter- und Obergeschoss bietet weitere Ausstellungsflächen.
Literatur
Glarner Architekturforum (Hg.). Verborgen, vertraut. Architektur im Kanton Glarus von 1900 bis heute. Zürich 2011, S. 92–94. – Conen Sigl Architekten (Hg.). Kunsthaus Glarus: Form – Raum – Umbau. Zürich 2019. – Vogt, Adolf Max. Das Kunsthaus Glarus: eine Alternative zu Le Corbusier, in: art-ig, Büro für Kunstgeschichte (Hg.). Hans Leuzinger, 1887–1971. Pragmatisch modern. Zürich 1993, S. 51–56. – Das neue Kunsthaus Glarus, in: Das Werk. Architektur und Kunst 9/1952, S. 278–281.