Grosssiedlung Benziwil
Adresse
6020 Emmenbrücke
LU
Dass das Siedlungskonzept aus den 1960er-Jahren über viele Jahre hinweg umgesetzt und bis ins frühe 21. Jahrhundert erweitert wurde, das spricht für eine nachhaltige Disposition. Dies betrifft auch die differenzierte Gestaltung in Sichtbeton, welcher bislang vor einer Umhüllung oder Umgestaltung bewahrt blieb. Die Grosssiedlung Benziwil ist ein Musterbeispiel für verdichteten Wohnungsbau der Nachkriegsmoderne und für ein lebendiges Quartiersleben, das bis heute funktioniert.
Chronologie
Im Jahr 1965 wurde ein Wettbewerb für den Bau einer Grosssiedlung an der Peripherie der Gemeinde Emmen ausgeschrieben. Das Wettbewerbsprogramm forderte nicht nur preisgünstigen Wohnraum für 2’500 Personen, sondern auch öffentliche Nutzungen – ein Restaurant, einen Laden, einen Kindergarten sowie Freizeitangebote – um eine in sich funktionierende Siedlung zu schaffen. Der erste Preis ging an das Projekt, das Otto Glaus in Zusammenarbeit mit Bert Allemann entwickelt hatte. Die Planung der Grosssiedlung Benziwil begann 1966. Die 1973 einsetzende Realisierung dauerte rund 22 Jahre. Im Jahr 2000 wurden sechs weitere Wohnblöcke hinzugefügt.
Situation
Die Grosssiedlung Benziwil liegt in Emmenbrücke, einem Quartier im nördlichen Teil der Luzerner Gemeinde Emmen. Die 19 Gebäude umfassende Siedlung wird im Nordosten von der Eisenbahnschlaufe begrenzt und im Südwesten von der Benziwilstrasse erschlossen. Das Zentrum der Grosssiedlung ist von einem 19-geschossigen Hochhaus akzentuiert, das durch die Situierung auf dem höchsten Punkt zusätzlich Gewicht erhält. Die interne Verteilung erfolgt über ein beschauliches Fusswegenetz. Die grosszügigen Gebäudeabstände bieten Raum für gemeinschaftliche Nutzungen: Den Bewohnern werden Parkanlagen, Spielplätze und weitere Treffpunkte zur Verfügung gestellt.
Description
Die einzelnen Wohnblöcke sind versetzt zueinander angeordnet und variieren in Fläche und Höhe, mit Geschosszahlen von 5 bis 19. Einheitlich bleiben Konstruktionsweise und Gestaltung. Die Blöcke sind als Plattenbauten, mit Fertigelementen aus Sichtbeton, ausgebildet und mit meist zugänglichen Flachdächern ausgestattet. Dies wurde 1978 mit dem «Europrefab-Preis» ausgezeichnet. Der funktionale, orthogonale Aufbau ist durch ein kontinuierliches Vor- und Zurückspringen der Baukörper geprägt, sowohl in der Höhenstaffelung als auch in der Grundrissgestaltung und Detailausbildung. Die Volumetrie der einzelnen Häuser gestaltet sich dadurch trotz der gewaltigen Dimensionen abwechslungsreich und lebhaft. Die Wohnungen sind an den vier Haupthimmelsrichtungen orientiert. Die Baukörper gliedern sich demzufolge in offene und geschlossene Bereiche. Die Sichtbetonfassaden überraschen mit farbigen Akzenten an Türen, Sonnenschutz und Loggienwänden in den Primärfarben Rot, Gelb und Blau.
Bibliographie
- Dufner, Oliver. Stadt als Versprechen – Städtebau der Nachkriegszeit in der Schweiz, in: Essaysammlung Vertiefungsarbeit Masterstudiengang Architektur. Luzern 2015, S. 226–227
- Gmür, Otti. Häuser, Dörfer, Städte. Architekturführer Kanton Luzern. Luzern 2006, S. 364
- Lindt, Ueli. Otto Glaus, Architekt, Basel/Boston/Berlin 1995, S. 217
- Boesch, Hans. Das Quartier, in: Archithese 3/1980, S. 7–10
- Schweizer Architektur des letzten Jahrzehnts, in: Werk, Bauen + Wohnen 1–2/1980, S. 46
- Adler, Florian; Girsberger, Hans; Riege, Olinde (Hg.), Architekturführer Schweiz. Zürich 1978, S. 122