
Geschäftshaus Schibenertor
Adresse
9000 St. Gallen
SG
Obwohl das Geschäftshaus von Altstadtgebäuden umgeben ist, fügt er sich durch seine fein gegliederte Fassade ins Ortsbild ein. Die Arkaden und Schaufenster im Erdgeschoss, sowie das vorkragende Dach des Haupttrakts lassen das Bauwerk in seinem Auftritt filigran wirken. Die Dachform und die Rasterfassaden sind typische Elemente der 1950er Jahre. Ernest Brantschen vollendete das Werk von Ernst Hänny Junior, der während der Ausführung starb. Es steht am Beginn von Brantschens Werk und prägte seine späteren Arbeiten.
Chronologie
Die Häusergruppe «Union», «Löchlibad» und «zur Freundschaft», welche einst den Oberen Graben prägten, mussten 1950 dem Geschäftshaus Schibenertor weichen. Es wurde von 1950 bis 1951 errichtet und wird von der Bevölkerung oft «Union» genannt. Geplant wurde das neue Bauwerk von Ernest Brantschen in Zusammenarbeit mit Vater und Sohn Ernst Hänny. Der Gebäudekomplex soll in Zukunft zu einer grossen Bibliothek umgebaut und erweitert werden. Das Architekturbüro Staab aus Berlin hat den 2020 dafür ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen.
Situation
Das Geschäftshaus liegt im Zentrum von St. Gallen am Nordwestrand der Altstadt. Es schliesst den Marktplatz gegen Westen ab. Der Haupttrakt wird nordseitig von einem gegen Osten exponierten Flügel ergänzt, an den der Marktplatz grenzt.
Description
Der Komplex setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Dem sechsgeschossigen Haupttrakt, der parallel zum Oberen Graben liegt und einem Anbau, der entlang der Marktstrasse in Richtung Marktplatz verläuft. Der mit flachem Walmdach gedeckte Haupttrakt ist 56 Meter lang und 15 Meter breit. Der Anbau ist in einem leicht spitzen Winkel nach Osten gewendet. Dadurch entsteht dort eine offene Fläche die über eine breite Treppe mit dem eigentlichen Marktplatz verbunden ist. Das Dachgeschoss wurde im Vergleich zu den darunterliegenden Etagen nach innen zurückgesetzt. Errichtet wurde das Geschäftshaus als Stahlbau mit Querrahmen und einer Rasterfassade aus Kunststein und Brüstungen aus Keramik. Die Brüstungen sind im Haupttrakt schwarz. Das tragende Gerüst der Stahlquerrahmen wurde in einem Modul von je 5,70 Meter Abstand eingeteilt. Die Fenster sind in das Fassadenraster eingegliedert. Ihr Achsmass, das auf die kleinste Büroeinheit abgestimmt ist, beträgt 1,90 Meter Höhe und 1,50 Meter Breite. Die horizontal drehbaren «Carda»-Fenster haben Lamellenstoren zwischen der Doppelverglasung. Der Anbau ist dreigeschossig, besitzt wie der Hauptbau Läden im Erdgeschoss und darüber zwei Normalgeschosse. Die dort verwendeten rostroten Brüstungstafeln schaffen eine zusätzliche optische Trennung zum Hauptbau.
Im Innern überrascht der Bau mit einer freistehenden Wendeltreppe, die sich über alle Geschosse erstreckt. Ein Blickfang im Treppenhaus ist das Kanu des Künstlers Roman Signer in der obersten Etage. Von dessen Spitze tropft Wasser herab bis zu einer kleinen Wasserfläche im Erdgeschoss. Für Boden und Treppenstufen wurde ein dunkler, fast schwarzer Stein verwendet. Das Treppengeländer besteht aus weissem pulverbeschichtetem Metall. Die Lifttüren sind satt blau, die Bürotüren einiger Geschosse hellgelb.
Bibliographie
- Geschäftshaus «Schibenertor» in St. Gallen: 1950/51, Ernst Hänny und Ernst Hänny jun., Architekten BSA/SIA, St. Gallen, in: Das Werk: Architektur und Kunst 39 (1952), Heft (5), S. 141-145 (online)
- Kanton St. Gallen. Eine zukunftsweisende Bibliothek (online)
- Stadt St. Gallen, Denkmalpflege. Architektur der Nachkriegszeit in der Stadt St. Gallen Jahresausstellung der städtischen Denkmalpflege 2016 (online)
- Staab Architekten. Neue Bibliothek, St. Gallen (online)